Die wenigsten IT-Projekte verlaufen reibungslos. Studien zeigen, dass fast die Hälfte aller IT-Projekte die Zeitvorgaben verfehlen. Dafür gibt es zahlreiche Gründe, wie unpräzise Planung, unvorhergesehene Zwischenfälle, oder zu wenig Weitsicht in der Konzeption. Als weiteren Grund beobachte ich immer häufiger, dass Wissensträger kurzfristig aus Projekten gezogen werden müssen, damit der IT-Betrieb sichergestellt werden kann. Dies führt zu nicht planbaren Ressourcenengpässen, die schnell zu langen Verzögerungen im Projekt führen können. Das ist für mich Anlass genug, über dieses Thema zu schreiben und ein paar Gedankenanstöße dazu zu geben.
Was sind die Herausforderungen? DevOps ist eine Philosophie, die in den letzten 15 Jahren in den meisten Unternehmen Einzug gehalten hat. Die Grenzen zwischen Entwicklung und Betrieb verschwimmen immer weiter. Das führt dazu, dass Projekte mit dem IT-Betrieb um Ressourcen konkurrieren. In den meisten Fällen gilt: Der Betrieb hat Vorrang, geht es nicht selten um Probleme mit Außenwirkung zum Kunden, die kurzfristig gelöst werden müssen, um finanzielle Schäden oder Imageschäden abzuwenden. Dazu kommen regelmäßige Betriebsaufwände, die zwar planbar sind, aber dennoch viel Zeit in Anspruch nehmen. Und als wäre die Lage nicht bereits angespannt genug, hält in der deutschen IT bereits ein Fachkräftemangel Einzug, offene Stellen können häufig nicht neu besetzt werden und Sourcing bringt ebenfalls neue Herausforderungen mit sich. Das Resultat: Das Wissen verteilt sich auf immer weniger Mitarbeiter.
Wie halte ich meinen Mitarbeitern für Projekte den Rücken frei? Häufig fehlt es im Betrieb und im Monitoring an Automatisierung. Wiederkehrende Aufgaben nehmen viel Zeit in Anspruch. Kommt Ihnen das bekannt vor? Generell sollte es so sein, dass wiederkehrende Auswertungen nicht manuell durchgeführt werden müssen, genauso wenig sollte das Monitoring manuell erfolgen. In Batchprozesse sollte nur in besonderen Fällen wie bei Fehlern manuell eingegriffen werden müssen. Um dies zu erreichen ist es nötig, dass sich Mitarbeiter konsequent und immer wieder die Frage stellen, ob die gerade ausgeübte Tätigkeit nicht automatisiert werden kann. Sicher wird es auch manchmal nötig sein, den Mitarbeitern die berechtigte Angst davor zu nehmen, sich durch Automatisierung überflüssig zu machen. Aber ist es nicht ein erstrebenswertes Ziel, sich auf die Dinge konzentrieren zu können, die mehr Spaß machen? Und bei der aktuellen Situation auf dem Arbeitsmarkt dürfte die Sorge um den Arbeitsplatz in den allermeisten Fällen unberechtigt sein.
Incidents binden ebenfalls immer wieder Ressourcen, müssen in den meisten Fällen aber früher oder später behoben werden. Nicht selten sind dabei Fehler, die sich regelmäßig wiederholen, da Prozesse an sich fehlerbehaftet sind. Den ersten Schritt haben Sie bereits geschafft, wenn Sie Ihr Monitoring soweit automatisiert haben, dass Sie über bekannte wiederkehrende Fehler automatisiert benachrichtigt werden. Aber da muss es noch nicht aufhören und auch ist das Monitoring nicht immer der richtige Ansatz. Auch wenn sich die Incidents mithilfe des Monitorings routiniert erkennen und beheben lassen, muss jedes Mal wertvolle Zeit investiert werden. Das passende Werkzeug an dieser Stelle ist, ein wirksames Problem Management zu etablieren.
Wie gehe ich richtig mit wiederkehrenden Incidents um? Ein Problem im Sinne des Problem Management liegt vor, wenn eine bestimmte Art von Incident aufgrund eines tiefergehenden Problems regelmäßig auftreten. Eine Root Cause Analyse (RCA) dient der Identifizierung des ursprünglichen Problems. Das vorliegende Problem zu finden ist nicht immer trivial und erfordert eine tiefgehende Analyse des Sachverhaltes. Auch wenn die Ursache gefunden ist, lässt sich diese nicht immer einfach beheben. Doch sollte es immer abgewogen werden, ob der Aufwand trotzdem angemessen ist, denn es können regelmäßige Betriebsaufwände damit eingespart werden. Eine Methode, die helfen kann, zum Kern des Problems vorzudringen, ist die 5-Why-Methode.
Wie funktioniert die 5-Why-Methode? Mit der 5-Why-Methode versucht man, immer tiefer in die Ursache eines Fehlers vorzudringen, indem fünfmal immer weiter nach dem Warum gefragt wird. Ein Beispiel:
Der Lastschrifteinzug für den Kunden ist fehlgeschlagen Warum? Die Bankverbindung des Kunden fehlt Warum? Die Bankverbindung wurde aus dem führenden Vorsystem nicht bereitgestellt Warum? Die Bankverbindung stand auch im Vorsystem nicht zur Verfügung Warum? Der Kunde hat keine Bankverbindung angegeben Warum? Die Bankverbindung war keine Pflichteingabe So wären hier mögliche Lösungsansätze, die Eingabe der Bankverbindung zur Pflichteingabe zu machen, oder den Lastschrifteinzug abhängig vom Vorliegen der Bankverbindung auszuführen. Dies ist abhängig vom zugrundeliegenden Prozess und ab welchem Zeitpunkt die Daten von den Erwartungen abweichen.
Wie erreiche ich mehr Automatisierung im Betrieb? Wie zuvor erwähnt hilft ein Fokus im Betrieb auf die Automatisierung von Tätigkeiten und das Etablieren eines angemessenen Problem Managements dabei, Betriebsaufwände nachhaltig zu reduzieren. Man darf dabei jedoch nicht außer Acht lassen, dass erstmal Zeit investiert werden muss, um nachhaltige Erfolge zu erzielen. Wenn es laufende Projekte gibt und der Betrieb bereits zu viel Zeit in Anspruch nimmt, ist dies kaum nebenbei zu etablieren. Betriebsstabilisierungsprojekte, die ausreichend priorisiert werden, sind in angespannten Betriebssituationen ein guter Weg, um mehr Beherrschbarkeit durch reduzierte Komplexität zu erreichen, für höhere Automatisierung zu sorgen und damit nachhaltig Betriebskosten einzusparen.
Was können Projekte zu mehr Betriebsautomatisierung beitragen? Ich habe häufig erlebt, dass die Themen Betrieb und Monitoring in Projekten neben der Dokumentation zuerst darunter leiden, wenn einzelne Verzögerungen den Abschlusstermin gefährden. Dabei ist eine gut geplante Übergabe in den Betrieb sowie das frühe Einbeziehen der Betriebsmitarbeiter in die Tests wichtig, um einen möglichst geräuschlosen Betriebsübergang sicherzustellen. Dazu müssen entsprechend frühzeitig die Zuständigkeiten geklärt sein. Bei einem neuen System ist es schwierig vorherzusehen, welche Probleme auftreten können und für welche Funktionen ein Monitoring benötigt wird. Daher sollte einerseits ein Fokus auf die kritischsten fachlichen Prozesse gelegt werden, aber auch die im Projekt auftretenden Fehler kritisch analysiert werden, um daraus Erkenntnisse abzuleiten, ob ähnliche Fehler auch nach Produktionsübergang möglich sind und gegebenenfalls überwacht werden müssen. Wann immer es möglich ist, sollten die Probleme besser direkt im Ursprung behoben werden, als erst in späteren Prozessschritten und das auch möglichst bereits im Projekt. Sollte sich später herausstellen, dass Teile des Monitorings unnötig sind, da sie Funktionen überwachen, in denen keine Fehler auftreten und der zugrundeliegende Prozess auch nicht kritisch ist, sollte der Rückbau dieser Monitoring-Funktionalitäten in Erwägung gezogen werden. Zu viel Monitoring ist ebenfalls ein Treiber für die Betriebskosten.
Warum lohnt es sich, in den Betrieb zu investieren? Zu hohe Betriebsaufwände führen zu zahlreichen Problemen. Mit Ressourcen, die sowohl im Betrieb als auch in Projekten eingesetzt werden, lässt sich schwierig planen, wenn Probleme im Betrieb regelmäßig auftreten. Mangelnde Automatisierung bindet weitere Ressourcen. Dies treibt außerdem die IT-Kosten in die Höhe. Abgänge in der Belegschaft zu kompensieren, wird darüber hinaus aufgrund des Fachkräftemangels immer schwieriger. Daher ist der Einsatz von Standardsoftware für Funktionen, die keinen Wettbewerbsvorteil bringen, sinnvoll, damit sich leichter neues Personal finden lässt. Die Dokumentation und das Wissensmanagement werden dadurch ebenfalls einfacher. Voraussetzung ist allerdings, dass möglichst die Funktionen der Standardsoftware genutzt und die eigenen Prozesse darauf angepasst werden. SAP stellt Möglichkeiten bereit, mit der die Betriebsüberwachung ohne tiefere Eingriffe in den Standard möglich sind, zum Beispiel via SAP Query, Fiori Apps oder Business Warehouse Lösungen. Letztendlich führt die Bindung zu vieler Ressourcen im Betrieb zu mangelnder Innovationskraft, da innovative Pojekte infolgedessen über weniger Ressourcen verfügen. Innovative Projekte sind gerade diejenigen, die vielseitig und anspruchsvoll sind, Spaß an der Arbeit bringen und so zur Zufriedenheit der Mitarbeiter beitragen. Auch die langfristige Wettbewerbsfähigkeit ist von innovativen Projekten abhängig.
Fazit Der Betrieb wird häufig vernachlässigt, da sich Investitionen darin erst längerfristig bemerkbar machen. Wird zu spät investiert, kann dies Projekte gefährden und zu weiteren erheblichen Problemen führen. Einfache Paradigmen, wie der stetige Wille zur Automatisierung des Betriebs und dem Etablieren eines Problem Managements können bereits im Betriebsalltag zu Verbesserungen führen. Auch Projekte sollten sich der Verantwortung bewusst sein, dass der Betrieb und das Monitoring zentrale Themenbereiche sind, die nicht vernachlässigt werden dürfen.
Und wann steht bei Ihnen das nächste Betriebsstabilisierungsprojekt an?
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Mehr zu diesem Thema:
https://wiki.en.it-processmaps.com/index.php/Problem_Management